Nach Ansicht vieler Experten und Wissenschaftler dürfte es auf absehbare Zeit kaum gelingen, den CO2– Ausstoß so weit zu minimieren, dass sich die Erderwärmung tatsächlich auf die im Pariser Klimaabkommen angepeilten 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit begrenzen lässt. Die Anstrengungen, die dafür nötig wären, seien mehr als immens.
Zur Erreichung der Klimaziele muss der Atmosphäre aktiv CO2 entzogen werden. Die internationale Bezeichnung für all diese Maßnahmen lautet: Carbon Dioxide Removal (CDR). Auf natürlichem CDR-Weg ließen sich solche „negativen Emissionen“ etwa mit der großflächigen Wiederaufforstung von Wäldern erreichen. Die Bäume wandeln das CO2 durch Photosynthese in Kohlen- und Sauerstoff um und speichern den Kohlenstoff in ihrem Holz.
Ein natürlicher Weg ist freilich auch die allgemeine Reduktion bei der Erzeugung klimaschädlicher Gase. Doch wie man es auch dreht und wendet, die natürlichen Lösungen allein werden zur Rettung des Klimas nicht ausreichen. Nötig seien deshalb auch technologische Innovationen. Schon längst forschen Menschen in vielen Ländern deshalb an Technologien, um der Luft verfahrenstechnisch das schädliche Übermaß an CO2 zu entziehen.
Gesamtansatz nötig
Doch was können diese Technologien? Welche Risiken bergen sie in sich? Sind sie der Heilsbringer, der alles löst? Die letzte Frage beantworten 99 von 100 Experten bei unserer Bestandsaufnahme ziemlich deutlich, nämlich mit Nein. Klimaschutz funktioniert nur im Verbund. Soziale, ökologische, reduzierende, bauliche, wirtschaftliche und technologische Lösungen können jeweils nur ein Teil des Problems lösen.
„Einen generellen Lösungsweg – einen für alles? Den gibt es nicht.“
Interessant sind technologische Innovationen im Gesamtkontext aber allemal. Auf Island zum Beispiel ging 2021 eine Anlage namens „Orca“ in Betrieb, die der Luft jedes Jahr 4.000 Tonnen CO2 entzieht. Sie ist derzeit die weltgrößte ihrer Art. Sie saugt die Umgebungsluft an, lenkt sie durch Filter, vermischt das absorbierte CO2 mit Wasser und pumpt dieses Gemisch dann mehrere hundert Meter tief in die Erde. Dort soll es im Basalt versteinern.
Einzelne Meilensteine nicht überbewerten
Ein Meilenstein, so sagen viele über „Orca“. Was der sog. „Meilenstein“ wirklich wert ist, zeigt sich im Vergleich mit dem Bedarf. Nach Schätzungen des Global Carbon Project (GCP) emittiert die Weltbevölkerung aktuell 36,4 Mrd. Tonnen CO2 pro Jahr, Tendenz steigend. Wöllte man den weltweiten Ausstoß von CO2 also allein auf dieser Schiene neutralisieren, bräuchte es stolze 9,1 Mio. solcher Anlagen wie in Island.
Wo sollen die stehen? Wer soll die bezahlen? Und gibt es überhaupt genügend feste, sichere Untergründe für diese Art der Lagerung? Stichwort: Endlagerung von CO2 unter der Erde! Was das sog. Carbon Capture and Storage (CCS), diese Art der Lagerung, die den technischen CDR-Methoden auf dem Fuße folgt, nämlich langfristig für den Boden und das Grundwasser mit sich bringen, ist oft noch reichlich unklar.
Innovationen Klimaschutz mit individuellen Wegen
Womöglich schafft man sich dabei mit der Lösung des einen folglich gleich das nächste Problem. Als sichere Untergrundspeicher für die Endlagerung von CO2 kommen deshalb bislang nur leere Erdgasfelder in Betracht. Die sind natürlicherweise dicht und damit sicher. Allerdings tun sich dann schon wieder Nutzungskonflikte auf. Der Platz ist begrenzt. Irgendwo müssen wir zum Beispiel in Deutschland ja auch noch Erdgas speichern oder Energie über Geothermie erzeugen können.
Da wird mithin also jedes Land seine eigene Strategie finden müssen. Für Deutschland zeigt das Umweltbundesamt (UBA) in seiner Rescue-Studie von Anfang 2021 eher den Trend auf, neben der nötigen Reduktion vorrangig auf natürliche CO2-Senken wie Wälder sowie auf eine nachhaltige Land- und Holzwirtschaft zu setzen. Technisches CDR samt Speicherung über CCS solle hierzulande eine eher geringere Rolle bei der Erreichung des großen Ziels spielen.