Wärmepumpen und Klimaanlagen arbeiten häufig effizient und schonen damit Klima und Umwelt. Daran beteiligt sind oftmals aber noch sog. F-Gase, also synthetische Kältemittel. In ihrer neuen F-Gase-Verordnung plant die Europäische Union, ab 2027 EU-weit alle chemischen Kältemittel zu verbannen, die im Falle eines Austritts oder Lecks den Treibhauseffekt zu stark fördern und damit Klima und Umwelt schädigen.
Die neue F-Gase-Verordnung wurde am 16. Januar 2024 vom Europäischen Parlament in Brüssel verabschiedet. Sie löst damit künftig die bisher bestehende EU-Verordnung Nr. 517/2014 (F-Gas-Verordnung) über fluorierte Treibhausgase (F-Gase) vom 1. Januar 2015 ab. Sobald sie im Europäischen Rat förmlich gebilligt wurde, wird die Verordnung im Amtsblatt der EU veröffentlicht.
„Mit der F-Gas-Verordnung soll insbesondere ein Anreiz zur Verwendung von Alternativen anstelle von F-Gasen geschaffen werden.“
Zitat des Umweltbundesamtes aus einer aktuellen UBA-Mitteilung zum Thema
Der Schritt zum Verbot fluorierter F-Gase soll die Mengen klimaschädlicher Emissionen des industriellen und privaten Sektors weiter reduzieren. Wie jede Änderung ruft diese Novellierung natürlich auch Kritiker auf den Plan. Die Bedenkenträger argumentieren vor allem mit der Angst vor dramatischen Folgen für den Verkauf bei jeder Wärmepumpe oder Klimaanlage. Wir prüfen in diesem Artikel, was an den wichtigsten Informationen wirklich dran ist!
Sind ab 2027 sofort alle F-Gase verboten?
Nein, die neue EU-Verordnung und ihre Implementierungsvorschriften greifen schrittweise. Die EU gewährt allen betroffenen Branchen mehrere Übergangsfristen. Ab dem Jahr 2027 sollen zunächst nur erste ausgewählte Kältemittel verboten werden, die im Falle einer Leckage besonders verheerende Treibhausgase zum Schaden von Klima und Umwelt freisetzen.
Generell sind die chemisch synthetisierten Kältemittel in Klassen eingeteilt (von A-Z):
- FKW: Diese Stoffe meinen vollfluorierte Kohlenwasserstoffe wie etwa R1234yf oder R1234ze.
- HFKW: Diese Mittel umfassen die teilfluorierten Kohlenwasserstoffe wie zum Beispiel R407C, R410A, R134a, R32 oder das Gemisch R513A.
- SF6: Die langlebig fluorierten Treibhausgase wie beispielsweise Schwefel-Hexafluorid werden als SF6 Stoffe klassifiziert.
Selbstverständlich ist auch die besondere Umweltschädlichkeit in einem Wert bemessen. Dafür gibt es den sog. Treibhauseffekt (GWP). Der sagt aus, welches Erderwärmungspotenzial ein Kühlmittel besitzt, das sog.„Global Warming Potential“ (GWP). Als Vergleichsmaßstab dient die Klimawirksamkeit von normalem Kohlendioxid (CO2). Das CO2-Äquivalent hat dabei ein Treibhauspotenzial von genau 1.
Wirkt also ein Kältemittel mit einem GWP von beispielsweise 635, wirkt es 635-mal schädlicher in puncto Treibhauseffekt als Kohlendioxid. In den neuen F-Gase-Verordnung sollen ab 2027 deshalb zunächst erst einmal alle HFKW Stoffe untersagt werden, die ein GWP von 150 oder mehr aufweisen. Bis 2050 schließlich sieht die Verordnung schrittweise ein Totalverbot von allen F-Gasen in der EU vor.
Welche Kältemittel sollen die F-Gase ersetzen?
Schon heute arbeiten viele Wärmepumpen, diverse Klimageräte und andere Haushaltsgeräte mit natürlichen Kältemitteln. Das sind auch genau die halogenfreien Mittel, die die F-Gase ablösen sollen. Natürliche Kältemittel stammen dabei streng genommen nicht mal direkt aus der Natur. Sie werden wie jedes andere Kühlmittel ebenfalls industriell produziert.
Allerdings dürfen sie sehr wohl als natürliche Kältemittel gelten, weil sie Stoffe sind, die in ihrer Reinform direkt in der Natur vorkommen. Deshalb besitzen sie zumeist auch nur einen geringen oder neutralen GWP. Ihr Einfluss auf Treibhausgase, Erderwärmung und Klimawandelt ist somit quasi zu vernachlässigen. Man darf also behaupten, sie wirken klimaneutral.
Heute schon verwendete und effizient wirkende natürliche Kältemittel sind zum Beispiel (von A-Z):
Natürliches Kältemittel | Bezeichnung | GWP-Wert | Eigenschaften |
Ammoniak (NH3) | R-717 | 0 | Ammoniak ist ein preisgünstiger Betriebsstoff, der sehr energieeffizient wirkt und zu niedrigen Kosten herzustellen ist. Sein CO2-Äquivalent ist überragend niedrig. Allerdings ist Vorsicht im Umgang geboten, denn bei Austritt kann er giftig und panikerzeugend auf Menschen wirken. |
Isobutan (C4H10) | R-600a | 3 | Isobutan ist ein farbloses, fast geruchloses und brennbares Gas. Kohlenwasserstoffe wie Isobutan sind schwerer als Luft und sinken bei einer Leckage deshalb zu Boden. Vorsicht im Umgang ist geboten, weil der Stoff in hohen Konzentrationen narkotisierend und erstickend auf Menschen wirken kann. |
Kohlendioxid (CO2) | R-744 | 1 | Kohlendioxid ist bei Austritt weniger giftig, weil hoch flüchtig. Zudem ist der Stoff nicht brennbar, preisgünstig zu erzeugen, quasi unbegrenzt verfügbar und verfügt über eine exzellente Kälteleistung. Menschen sollten Kohlendioxid freilich nicht über längere Zeit einatmen. |
Propan (C3H8) | R-290 | 3 | Propan ist ein leistungsfähiges und energiesparendes Kältemittel. Der Stoff ist ein entzündliches, geruchloses, chemisch stabiles, nicht ätzendes, nicht giftiges und nicht wassergefährdendes Gas. Wie auch Isobutan ist es schwerer als Luft und sinkt bei einer Leckage daher zu Boden. Vorsicht im Umgang ist geboten, weil der Stoff auf Menschen schädlich wirken kann. |
Wasser (H2O) | R-718 | 0 | Wasser hat kein Treibhauspotential, ist nicht giftig oder brennbar und bietet eine hohe Energieeffizenz. Die Probleme bei der Anwendung liegen in den physikalischen Eigenschaften von Wasser. Die geringe volumetrische Kälteleistung erfordert oft den Einsatz von Kompressoren, wie etwa durch Turboverdichter. Zudem ist der Stoff nur dann eine ideales Kältemittel, solange die Anwendungen über 0 °C liegen. Sonst ändert Wasser seinen Aggregatzustand bekanntlich zu festem Eis. |
Am häufigsten kommen in natürlich betriebenen Heizungen, Klimaanlagen und Haushaltsgeräten derzeit Stoffe vor wie Ammoniak (NH3), Kohlendioxid (CO2) und reine Kohlenwasserstoffe (beispielsweise wie Propan oder Isobutan). Interessant dabei ist, dass diese Stoffe bis in die 1930er Jahre hinein schon einmal als Kältemittel genutzt wurden, bevor sich erst später die fluorierten Kohlenwasserstoffe (F-Gase) auf breiter Basis durchsetzten.
Welche Geräte sind von der F-Gase-Verordnung betroffen?
Nicht nur die bekannten Anlagen wie Wärmepumpe oder Klimaanlage sind vom F-Gase-Verbot betroffen. Diverse weitere Haushaltsgeräte und sogar Dämmstoffe fallen ebenfalls unter die Neuregelung. Deshalb ist die neue europäische F-Gase-Verordnung freilich auch für diese Branchen und ihre Geräte sowie alle Kunden künftig von großer Bedeutung.
Zu den betroffenen Geräten und Anlagen zählen etwa (von A-Z):
- Aerosole: technische Aerosole, die HFKW enthalten (außer wenn sie zur Wahrung nationaler Sicherheitsnormen nötig sind oder in medizinischen und militärischen Anwendungen zum Einsatz kommen müssen)
- Heizungen: Wärmepumpen
- Dämmstoffe: extrudiertes Polystyrol (XPS), andere vergleichbare Schäume zur Dämmung und Abdichtung
- Kühlanlagen: Kühlschränke, Gefrierschränke, Gefriertruhen
- Klimaanlagen: zentrale Kälteanlagen, mobile Raumklimageräte (Split und Monoblock Anlagen)
Auf die Kritik einiger Wärmepumpenhersteller oder Unternehmen aus anderen Branchen, dass die Umstellung auf natürliche Kältemittel drastische Auswirkungen haben wird, sollte selbstverständlich eingegangen werden. Allerdings war das Verbot der fluorierten F-Gase bis spätestens 2050 unter dem Eindruck der Klimakrise lange absehbar. Deshalb haben sich ja auch bereits viele Hersteller und Betreiber mit ihren Produkten darauf eingestellt.
Die Unternehmen in Deutschland, die die Frist bis ganz zum Ende ausnutzen wollten, haben jetzt verständlicherweise Druck auf dem Kessel. Bei der Menge an Wettbewerbern, auch solchen, die sich schon heute vorausschauender als andere aufgestellt haben, dürften die Auswirkungen für den Kunden jedoch gering bleiben. Vermutlich setzen sich am Ende die besten Produkte von ganz allein am Markt durch.