Wärmepumpe vs. Gasheizung: Warum neue Studien oft tendenziös ausfallen?

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Verfasst von: Michael Claus
Veröffentlicht am:

Es ist ein Trend, der leicht zu beobachten ist. Viele neue Studien zum Vergleich von Wärmepumpe vs. Gasheizung fallen oft eindeutig zugunsten der Wärmepumpe aus. Wärmepumpen seien fast immer günstiger im Verbrauch und sowieso für fast alle Anwendungen besser geeignet als Gasheizungen. Doch stimmt das eigentlich in der Gesamtrechnung? Werfen wir exemplarisch mal einen Blick auf eine aktuelle Studie, die genau das einmal mehr unterstreicht.

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Kürzlich veröffentlichte die Berliner Morgenpost dazu einen Artikel mit dem Titel „Wärmepumpe: Berechnung zeigt, wie viel man wirklich spart“. Zu Wort kommt darin vor allem Thorsten Storck, ein Energie-Experte des Vergleichsportals Verivox. Die Studie selbst läge dem Medium exklusiv vor. Für uns lassen sich also nur die veröffentlichten Annahmen und Beispiele aus dem Artikel nachprüfen.

Argumente pro Wärmepumpe

Gleich eingangs des Artikels fällt auf, dass alle Argumente und Rechenbeispiele so ausgerichtet sind, dass die Wärmepumpe in nahezu jedem Fall besser abschneiden muss als die Gasheizung. Wohin die argumentative Reise geht, zeigt schon der erste Absatz des Artikels.

„Wer mit Wärmepumpe statt Gas heizt, spart Geld – selbst mit wenig effektiven Geräten. Eine neue Analyse hat überraschende Erkenntnisse.“

Dominik Bath, Redakteur des verlinkten Artikels in der Berliner Morgenpost

Richtig und unbestritten ist, dass Wärmepumpen im Neubau, wo energieeffizient und mit modernsten Materialien gebaut wird, sicherlich deutlich günstiger im Verbrauch sind. Warum? Weil dort ihr größter Vorteil eindeutig zum Tragen kommt: ihre Effizienz unter Idealbedingungen! Dann lassen sich insbesondere die Heizkosten auf ein Niveau deutlich unter denen von Gasheizungen senken.

Ein Kunde, der beispielsweise ein gut gedämmtes und modernes Einfamilienhaus mit einer jährlichen Heizleistung von 20.000 kWh heizen muss, kann schnell die Unterschiede vergleichen. Eine effiziente Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl (JAZ) von 4,0 verbraucht in diesem Fall nur 5.000 kWh Heizstrom. Eine weniger effiziente Gasheizung benötigt im selben Fall jedoch 20.000 kWh Erdgas.

Die von uns mit Check24 überprüften durchschnittlichen Heizstrompreise liegen derzeit bei knapp 24 Cent pro kWh. Die durchschnittlichen Heizgaspreise dagegen betragen aktuell zwar nur knapp 9 Cent pro kWh. Jedoch muss man in diesem Fall ja mit der vierfachen Menge, also 36 Cent rechnen. Deshalb arbeitet die Wärmepumpe in diesem Setting effizienter. Punktsieg für die Wärmepumpe – bis hierher stimmt die Theorie!

Vergleichsbeispiel 1: Wärmepumpe vs. Gasheizung im Neubau

  • Wärmepumpe: Bei einer JAZ von 4,0 führt der Verbrauch an 5.000 kWh Heizstrom zu derzeit durchschnittlichen Heizstrompreisen von 0,24 Euro/kWh zu einer jährlichen Heizkostenrechnung von ca. 1.200 Euro.
  • Gasheizung: Der Verbrauch von 20.000 kWh Erdgas zu durchschnittlichen Gaspreisen von 0,09 Euro/kWh ergibt eine jährliche Heizkostenrechnung von ca. 1.800 Euro.

Argumente pro Gasheizung

Jetzt könnte man meinen, die Sache sei klar und weiteres Nachbohren brächte nichts. Doch weit gefehlt, denn die neue Analyse bringt wohl nur für den überraschende Erkenntnisse ans Licht, der stets vom Idealzustand im Neubau ausgeht. Die Praxis ist aber häufig kein Wunschkonzert. Viele Gebäude in Deutschland, gerade solche im Bestandsbau (Altbau), bieten keine Idealbedingungen.

Nur mit massiven Investitionen z.B. in die Dämmung, Fenster, Türen oder Heizkörper ließe sich zum Beispiel ein älteres Einfamilienhaus aus den 1970er oder 1980er Jahren in einen energetischen Idealzustand versetzen. Das ist freilich teuer. Und zwar oftmals so teuer, dass die Kosten für die energetische Sanierung die im Vergleich zur Gasheizung ohnehin schon hohen Kosten für die Wärmepumpe noch weiter in die Höhe treiben.

Anstatt 12.000-15.000 Euro für den Kauf und Einbau einer neuen Gasheizung stehen dann gleich mal Beträge im mittleren bis höheren fünfstelligen Bereich zur Debatte. Das kann sich trotz üppiger staatlicher Förderungen nicht jeder leisten.

Bleiben wir mal beim Beispiel, wo ein Kunde ein weniger gut gedämmtes und weniger modernes Einfamilienhaus mit einer jährlichen Heizleistung von 20.000 kWh heizen muss. Auch hier ist der Vergleich schnell gemacht. Eine weniger effiziente Wärmepumpe mit einer Jahresarbeitszahl (JAZ) von 2,5 – keine Seltenheit im nicht sanierten Altbau – verbraucht in diesem Fall 8.000 kWh Heizstrom. Die ohnehin weniger effiziente Gasheizung benötigt im selben Fall nach wie vor 20.000 kWh Erdgas.

Die von uns mit Check24 ermittelten durchschnittlichen Heizstrompreise legen wir erneut mit knapp 24 Cent pro kWh zugrunde. Die durchschnittlichen Preise für Gas zum Heizen kalkulieren wir weiterhin mit knapp 9 Cent pro kWh. Allerdings muss man in diesem Fall nur noch mit der zweieinhalbfachen Menge, also 22,5 Cent rechnen, damit der Vergleich passt. In diesem Setting arbeitet also die Gasheizung günstiger. Punktsieg für die Gasheizung – ab hier stimmt die Theorie folglich nicht mehr!

Vergleichsbeispiel 2: Wärmepumpe vs. Gasheizung im unsanierten Altbau

  • Wärmepumpe: Bei einer JAZ von 2,5 ergibt der Verbrauch von 8.000 kWh Heizstrom zu derzeit durchschnittlichen Heizstrompreisen von 0,24 Euro/kWh am Jahresende eine Heizkostenrechnung von ca. 1.920 Euro.
  • Gasheizung: Der Verbrauch von 20.000 kWh Erdgas zu durchschnittlichen Gaspreisen von 0,09 Euro/kWh führt unverändert zur einer Jahresheizkostenrechnung von ca. 1.800 Euro.

Wie solche Vergleiche eingeordnet werden sollten!

Im Grunde liegt der Autor des Artikels in der Berliner Morgenpost gar nicht mal so falsch, wenn er dezidierter ausführen würde, wann genau und unter welchen Bedingungen sich das Heizen mit einer Wärmepumpe mehr lohnt als mit einer Gasheizung. Dass die Studie des Vergleichsportals Verivox ihn dabei etwas auf eine falsche Fährte führt, hat vermutlich ebenso seine Hintergründe.

3 Gründe für das Hinken vieler Vergleiche

  1. Quellenanalyse: Wärmepumpenheizungen sind deutlich teurer in der Anschaffung als Gasheizungen. Hinzu kommen noch erhebliche Kosten für eine energetische Sanierung im Bestandsbau. Ja, all das hilft dem Klima und senkt Emissionen! Doch in diesem Fall vor allem das Vergleichsportal Verivox, vielleicht sogar das veröffentlichende Medium, haben vermutlich ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Vertrieb von Wärmepumpen. Staatliche Förderung für den Endnutzer hin oder her lässt sich mit Wärmepumpen schlicht mehr Geld verdienen.
  2. Sachlichkeit: Es ist gewiss ein hehrer Gedanke, klimafreundliche Technologien besonders zu pushen. Schließlich gehen die Auswirkungen des Klimawandels uns alle an. Allerdings verlieren einige Akteure bei der Argumentation zuweilen die Sachlichkeit etwas aus dem Blick. Tendenziöse Schönrechnerei jedoch schadet auf Dauer ebenfalls der Nachhaltigkeit. Am Ende leidet der Klimaschutz sogar darunter, weil zu viel gut gemeinte Flunkerei im Spiel ist.
  3. Differenzierung: Jeder Fall liegt anders. Besonders bei Verallgemeinerungen, die schlagwortkräftig in eine knackige Überschrift mit polarisierender Aussage passen sollen, zeigt sich das. Jeder Hausbesitzer ist dann gut beraten, wenn er seine individuellen Gegebenheiten vor Ort mit einem Experten zusammen genau durchrechnet. Nicht immer ist eine Wärmepumpe besser als eine Gasheizung und nicht in jedem Fall lohnt sich andersherum das Festhalten an der guten alten Gasheizung.

Im Fazit kommen wir deshalb zum Schluss: Die neue Verivox-Studie, die der Berliner Morgenpost exklusiv vorliegt, überrascht ganz und gar nicht. Sie kleidet altbekannte Argumente nur in neue Kleider, respektive neue passende Fallbeispiele.

Wer mit einer Wärmepumpe heizt, kann viel Geld bei den Heizkosten sparen. Man kann jedoch neben den deutlich höheren Investitionskosten auch beim Verbrauch noch ordentlich draufzahlen, wenn die Voraussetzungen nicht stimmen. Das gilt ganz besonders, wenn wenig effektive Geräte zum Einsatz kommen.

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Michael Claus

Autor

Michael Claus ist staatlich geprüfter Techniker und Hausbesitzer. Als faktenorientierter Mensch bevorzugt er schlaue Lösungen. Mit über 20 Jahren praktischer Erfahrung teilt er sein Fachwissen und seine umfangreiche Expertise gerne beim Schreiben von unabhängigen Fachartikeln, Rezensionen und Produktvorstellungen.

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